Kris Kristofferson - Kristofferson (Me And Bobby McGee)Country Classics On Vinyl (III)von Frank Castenholz • 11. Januar 2008 Side 1 Side 2 „If it sounds country, man, that´s what it is, it´s a country song!“ Prolog Me And „Me And Bobby McGee“ Kristoffersons Biographie ist selbst für Nashville-Standards außergewöhnlich, kann hier aber nicht in gebotener Ausführlichkeit repetiert werden. Die Hinweise auf die Stationen Eliteuniversitäts-Abschluss in „Englischer Literatur“, Offizier und Hubschrauberpilot bei der Army, abgelehnter Lehrauftrag in West Point, Hubschrauberlandung im Garten von Johnny Cash zur Demotapeübergabe, schließlich Outlaw Country-Ikone und Filmstar müssen genügen. An dieser Stelle soll es nur um die Musik gehen: Kristofferson hat es tatsächlich geschafft, mit seinen beiden ersten Veröffentlichungen, also dem hier verhandelten Debüt sowie „The Silver Tongued Devil And I“ (1971), eine nahezu vollständige Greatest Hits-Kompilation seines Schaffens zu veröffentlichen. Dies ist insofern nicht verwunderlich, als er für diese Alben hauptsächlich solche Songs aus seiner Feder verwendete, mit denen andere Künstler bereits beträchtlichen Erfolg hatten – oder noch haben würden. (Seinen ersten Charterfolg als Songwriter, den von Dave Dudley aufgenommenen „Viet Nam Blues“ aus dem Jahr 1966, nahm KK indes nicht ins eigene Repertoire auf: dessen kriegsfreundliche, antihippieske Zeilen hätten sich mit seiner mittlerweile nahezu aufrührerischen Post-68er-Lyrik auch schwer vereinbaren lassen.) Textlich wie musikalisch übertrug Kristofferson die freigeistige Folk- und Hippieattitüde auf klassische Country-Themenfelder, war allerdings – anders als nachfolgende Outlaw-Protagonisten – weniger dem Piano- und Steel Guitar- getriebenen Honky Tonk verpflichtet denn Vorbildern wie wie Johnny Cash, Bob Dylan oder Ramblin´ Jack Elliott. Mit folkrocknahen, erdigen, zugleich detailiert ausgearbeiteten Arrangements, die Kristoffersons einzigartiger Brummbärstimme genug Luft zum Atmen ließen, hat Produzent Fred Foster den Songs ihren definitiven Rahmen gefertigt: ein schlagkräftiger Gegenentwurf zum Countrypolitan-Mainstream der Tage – und von diesem zugleich umgehend vereinnahmt. Der Klang ist kernig, kauzig und, im Jahr 2008 darf man es sagen, zeitlos frisch. Selbst wenn es Streicher setzt, hält das Arrangement hinreichend Sicherheitsabstand zum Wall of (Countrypolitan) Sound eines Billy Sherrill. Wenn sich auf dem Album auch kaum stilistisch sortenreiner Country ausmachen lässt, zielen die Songs gleichwohl auf das Herz des genreafinen Hörers; so ist das Album durchtränkt von eingängigen Melodien und von einprägsamen Texten, die die Melancholie des Country bewahren, zugleich aber den Wortwitz, die Cleverness und Abgeklärtheit der großen Rockpoeten aufweisen. Im Gegensatz etwa zu Leonard Cohen oder Bob Dylan war bei Kristofferson allerdings nichts symbolisch aufgeladen oder auslegungsbedürftig. Seine Songs transportieren Kurzgeschichten, Portraits, Satiren oder Situationsbeschreibungen, denen man beim ersten Hören bereits folgen kann, er nutzt dafür aber einprägsame Bilder, sprachgewitzte Wendungen und prägnante Phrasen wie „Freedom´s just another word / for nothing left to lose“, die sich schnell im kollektiven Popgedächtnis festsetzten. Mit Songs wie „Me And Bobby McGee“, „For The Good Times“, „Help Me Make It Through The Night“, „Casey’s Last Ride“ oder „To Beat The Devil“ weist das Album eine Dichte an Genre(übergreifenden)-Klassikern auf, die kaum zu übertreffen sein dürfte; der Hinweis auf einzelne Höhepunkte erübrigt sich somit eigentlich. Gleichwohl lohnt ein exemplarischer Blick auf „Sunday Morning Comin´ Down“, eine schwermütige Sonntagmorgen-Hangover-Ballade, deren Arrangement, Melodie und insbesondere pointierter Text beispielhaft für seine damalige Treffsicherheit sind: Well I woke up Sunday morning Then I fumble through my closet for my clothes Johnny Cashs Hit-Version ist dagegen vergleichsweise harm- und belanglos. Wie populär das Lied in der Country-Szene war, zeigt, dass es 1971 sogar von der niedlichen Sauberfrau Lynn Anderson auf ihrem Erfolgsalbum „Rose Garden“ gecovert wurde: dort eine schmalztriefende Einspielung, die in ihrer Chor-Opulenz nur noch grotesk-komisch zu nennen ist, gerade wenn Anderson mit ihrer bügelfrischen Backfisch-Stimme vom Frühstücksbier zwitschert und dann im Kleiderschrank nach ihrem „cleanest dirty skirt “ kramt! Da Kristoffersons Songs den Nerv der Zeit und der Charts trafen, wurde er notgedrungen im Biz geduldet bzw. als Songwriter-Goldesel genutzt. Fast alles, was aus seiner Feder floss, wurde seit Ende der 60er in den Kehlen und Arrangements anderer zum Hit, nur seine eigenen Einspielungen waren zunächst zu rauh und verschroben, um sich zu verkaufen. Auch nach Veröffentlichung seines Debüt-Meilensteins bedurfte es erst Stars wie Ray Price, Waylon Jennings, Johnny Cash, Bobby Bare und insbesondere Janis Joplin (1971 postum mit „Me And Bobby McGee“), um die Songjuwelen in radiofreundlicheren Einspielungen in die Charts zu tragen. Nach dieser Fremd-Promotion wurde das Debüt 1971 unter Titel „Me And Bobby McGee“ neu veröffentlicht und erzielte endlich den verdienten Erfolg. Epilog Im Jahr 1975 nahm übrigens Tennesse Ernie Ford, der nach recht wild rockenden Gründerzeiten in den 40ern fast ausschließlich noch Country-Schnulzen und Gospel einsang, zusammen mit Glen Campbell tatsächlich ein hübsches Unplugged-Album auf, das nur auf die Kraft von Stimme und Gitarre baute (Ernie Sings & Glen Picks, Columbia/EMI). Ford gab neben Werken von Songwriter-Ikonen wie Harlan Howard und Don Gibson allein drei Songs von Kristofferson zum salbungsvollen Besten. Der missbilligende Groll Fords gegen den bekifften Hippie Kristofferson war wohl längst verflogen. How to buy … |
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