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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Sittin' And Thinkin'
Charlie Rich

(1962)
Sun Phillips International 3582

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Charlie Rich - Sittin' And Thinkin'

Country Classics On Vinyl (V)

von Frank Castenholz  •  15. Oktober 2009

A: Sittin‘ And Thinkin‘
B: Finally Found Out

„I hate that song. I can’t stand it. You know, it really hits home. That’s Charlie, that’s his life. That’s the real Charlie sure as life.” (Margeret Ann Rich)

Schon seit einigen Jahren hege ich eine besondere Sympathie für Charlie Rich, die mich auch in Regionen seines Werkes hat vordringen lassen, die wohl nur mit sturer, von Zuneigung getragener gnädiger Neugier zu erklären sind. Damit meine ich nicht mal seine anschmiegsamen frühen Epic-Aufnahmen unter Billy Sherrill bis hin zu „Behind Closed Doors“, sondern das was dann nach seinem kommerziellen Durchbruch noch mit zunehmender Deliktsschwere bis Ende der 70er Jahre an (größtenteils) schematischer Pop/Country-Schnulzen folgte. Immerhin teile ich diese Zugeneigtheit für Rich mit Peter Guralnick, in dessen Essaysammlungen „Feel Like Going Home“ und „Lost Highway“ jeweils Kapitel über Rich enthalten sind, die auf persönlichen Begegnungen fußen und sich im heiklen Spannungsfeld zwischen kritischem Journalismus und freundschaftlicher Verbundenheit verorten lassen. Rich hat gar seine wohl letzte große Komposition der 70er, eben „I Feel Like Going Home“, nach Guralnicks Buch benannt.

Charlie Richs Karriere begann bei Sun als Songwriter und Studiomusiker, bis er auf diesem Label mit „Lonely Weekends“ einen eigenen Charterfolg landen konnte. Zu dieser Zeit attestierte ihm Sam Philips angeblich, unter all seinen Entdeckungen sei Rich derjenige, dessen Talent es mit Elvis aufnehmen könnte. Dazu Guralnick: „The statement may well be true, but it is one of the few instances in which Phillips’ aesthetic judgment differed radically from commercial reality.“ Tatsächlich, anders als seine Label-Kollegen Johnny Cash, Roy Orbison oder Jerry Lee Lewis, die er mit Songs versorgte, blieb es Rich stets verwehrt, einen beständigen eigenen Stil zu formen und musikalisch sesshaft zu werden.

„They’re trying to call Charlie a country singer now, but he isn’t really. I would say he borders on being a jazz performer primarily. That’s what he listens to: Brubeck, Miles Davis, Count Basie – you know, that sort of thing. I think in a way that’s one of the reasons he’s had such a difficult time of it. They just don’t know where to place him, they don’t know where he fits in.” (Margaret Ann Rich)

Ohne wirklichen Durchbruch wechselte er von Sun (bzw. dem Sub-Label Phillips International) zu RCA/Groove zu Smash zu Hi bis schließlich zu Epic, wo er nach jahrelangen Experimenten in der Grauzone zwischen Rhythm and Blues, balladeskem Jazz, Pop, Country und Soul, in der Songauswahl zwischen tiefempfundenen Bekenntnissen, Standards und Novelty pendelnd, endlich einen (fremdbestimmten) Signatursound entwickelte, der ihm Erfolg, aber sicherlich nicht künstlerische Erfüllung garantieren sollte.

Bezwingend ist Rich insbesondere dann, wenn sein Vortrag direkt aus seinem Leben schöpft. So haben er und seine Frau Margaret Ann einige der schönsten und aufrichtigsten Liebeslieder geschrieben, in denen sie die die Höhen und Tiefen ihrer nicht immer einfachen Ehe thematisieren, etwa „I Take It On Home“, „I Do My Swinging At Home“, „Life Has Its Little Ups And Downs“ oder „I Can’t Even Drink It Away“. „Sittin’ and Thinkin’“ zeichnet im Gewand eines eleganten bar room weepers, dem selbst Chöre und Streicher nichts anhaben können, ein beklemmend aufrichtiges Bild seiner Alkoholsucht:

“I got loaded last night on a bottle of gin
And I had a fight with my best girlfriend
When I’m drinkin’ I am nobody’s friend
So please baby wait for me until they let me out again (...)“

.. und schließt mit der nüchternen Erkenntnis:

„I won’t promise the same thing won’t happen again
But I can promise, it’ll be a long, long time till then
‚Cause when I’m drinkin’ I am nobody’s friend
So please baby wait for me until they let me out again”

“Sittin’ and Thinkin’”, eine seiner letzten Veröffentlichungen für Phillips International und meine liebste Single vom „Silver Fox“, vereint alle lyrischen und musikalischen Qualitäten, die seine besten Kompositionen auszeichnen. Rich war kein Country-Musiker, aber dieser Song bringt gleichwohl die emotionale Kraft des Genres idealtypisch auf den Punkt.

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