Die besondere CD: Boris Ljatoschinski – Sinfonien (3 CDs)Endlich wieder da: Nach über einem Jahrzehnt sind die Sinfonien des Ukrainers Boris Ljatoschinski wieder auf CD verfügbar!von Rainer Aschemeier • 15. November 2014 Es ist nun über zehn Jahre her, dass ich mein Blog the-listener.de ins Leben gerufen habe, und schon in einem der allerersten Artikel anno 2003 hatte ich beklagt, dass die Einspielungen, der fabelhaften Sinfonien des Ukrainers Boris Ljatoschinski, die damals beim Naxos-“Entdeckerlabel“ Marco Polo erschienen waren, zu den vergriffenen Raritäten des Marco Polo-Katalogs zählten, und dass man diese nur noch über Downloadshops oder zu horrenden Sammlerpreisen gebraucht beziehen konnte. Wer nun nicht so viel Wert darauf legt die Marco Polo-Originalausgabe zu besitzen, der bekommt nun endlich (!!!) eine adäquate und günstige Möglichkeit, um in das sehr interessante Sinfonieschaffen des sicherlich prominentesten ukrainischen Komponisten einzusteigen. Doch fangen wir vielleicht mal vorne an: Boris Ljatoschinski wurde 1895 geboren und wuchs in ein Musikumfeld hinein, das sich mitten im Umbruch befand. Die Musikwelt Tschaikowskys, Borodins, Rimsky-Korsakows, kurz: Die Musik des vorrevolutionären, zaristischen Russland wurde über Nacht für überholt erklärt. Was nun gefragt war, waren Beiträge zur sowjetischen Musikästhetik, die Volkstümlichkeit, Verständlichkeit und Optimismus propagierte. Nach sowjetischer Vorstellung hatte sich eine Sinfonie in ihrem Satzcharakter „vom Dunkel zum Licht“ zu entwickeln, wobei der Schlusssatz sich entweder auf folkloristische Motive beziehen oder den Sieg des Sozialismus symbolisieren sollte. Und auch Boris Ljatoschinski, der bei dem sinfonischen Querkopf Reinhold Glière studiert hatte, konnte dieser musikalischen Weltanschauung nicht kritiklos Folge leisten. Er erlaubte es sich sogar, sich westlichen Musikinnovationen zuzuwenden, wobei er vor allem in der freien Atonalität ein Neuland entdeckte, das ihn ganz besonders zu inspirieren schien. Er entwickelte ein ganz ungewöhnliches, eigenartiges, auf jeden Fall in der Musikgeschichte ganz einzigartiges Musikidiom, dass die Musik Skrjabins und Glières ebenso fest umarmt hielt, wie es sich neuen Strömungen der westlichen Musikavantgarde zuwandte. Heute gilt Boris Ljatoschinski als der Vater der ukrainischen Musikmoderne und wird leider genauso wenig wahrgenommen wie vergleichbare Persönlichkeiten (wie etwa Georgi Muschel, der in Usbekistan die neue Musik begründete oder Kara Karajew, der selbiges in Aserbaidschan zuwege brachte). Zudem sind die Einspielungen des Nationalsinfonieorchesters der Ukraine unter Leitung seines damaligen Chefdirigenten Theodore Kuchar zeitlos hervorragend, was auch für den Mitte der 1990er aufgenommenen Sound der Einspielungen zutrifft. Fazit: Wer weiß, wie lange diese Edition diesmal erhältlich sein wird – und vor allem: Für wie lange sie nach ihrer derzeitigen Erhältlichkeit wieder vom Markt verschwinden wird. In diesem Sinne: Zugreifen, so lange man die Gelegenheit dazu hat, und zwar am besten gleich alle drei CDs! Diese Gesamteinspielung lohnt sich nämlich wirklich! _————— CD-Details: Boris Ljatoschinski: Symphonies Vol. 1 Symphonies Vol. 2 Symphonies Vol. 3 Nationalsinfonieorchester der Ukraine Bitte beachten: Sämtliche CDs der Reihe erscheinen zum 01. Dezember 2014_ |
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