Die besondere CD: Witold Lutosławski - "Opera Omnia", Vol. 4von Rainer Aschemeier • 2. April 2014 Während im Moment alle Welt vom neunzigsten Geburtstag des Dirigenten Sir Nevile Marriner redet, dessen Jubeltag am 15. April ansteht, gerät leicht in Vergessenheit, dass auch andere Dirigenten ähnlich biblisches Alter anpeilen und immer noch aktiv sind. Herbert Blomstedt etwa ist mit seinen 86 Jahren so ein Kandidat, und ja, wir haben auch noch einen Neunzigjährigen anzubieten: Stanisław Skrowaczewski (Jubelgeburtstag Oktober 2013), also jenen polnischen Dirigenten, der als einstiger Chef des Minneapolis Symphony Orchestra unter Fans stets hoch gehandelt wurde, es in Deutschland aber erst mit seinem Antritt als Erster Gastdirigent des Sinfonieorchesters des Saarländischen Rundfunks seit 1994 zu Ruhm und Ansehen unter breiteren Publikumsschichten brachte. Während wir Skrowaczewski seinen späten Ruhm auch von Herzen gönnen wollen, ist es doch zumindest teilweise unverständlich, warum er überhaupt in seinem damals schon hohen Alter so viel Trubel verursachte. Wer Skrowaczewskis wahre Qualitäten hören möchte, sollte aber zu anderem Repertoire greifen. Zurecht ist er beispielsweise für seine Interpretationen der Musik der französischen Moderne gerühmt – obwohl auch da nicht alles Gold ist, was glänzt. Besonders vermochte Skrowaczewski allerdings durch seine Interpretationen polnischer Musik zu überzeugen. Ich persönlich dachte ja, die erste Sinfonie und das fabelhafte „Konzert für Orchester“ hätten in der Naxos-Einspielung des polnischen Radiosinfonieorchesters unter Antoni Wit bereits ihre Referenzeinspielungen erfahren – und so ganz möchte ich mich von diesem Gedanken auch nicht lösen. Aber diese Skrowaczewski-Interpretation beider Stücke mit dem NFM Wrocław Philharmonic Orchestra sind mindestens ebenso gut, versprühen den lebhaften Charme von Livemitschnitten, sind unfassbar akkurat und exzellent gespielt und zeugen von einer tiefen, seelenvollen Identifikation der Musiker mit diesen Stücke, die sie offenbar bestens kennen und innig lieben. In der fantastischen Lutosławski-Reihe von CD Accord folgt bislang ein Highlight dem anderen. Schade nur, dass die Abstände zwischen den Erscheinungsterminen neuer Aufnahmen so weit auseinander liegen. Dieser Release zählt als Nummer 4 in der Serie. Nummer 3 hatte ich sage und schreibe vor rund drei Jahren (!) rezensiert. Es wäre sehr zu wünschen, dass die Labelbetreiber künftig wenigstens ein bisschen flotter aus den Puschen kämen mit ihrer Lutosławski-Edition. Sonst lohnt sich das Wort „Edition“ nämlich kaum noch. Witold Lutosławski – „Opera Omnia“, Vol. 4 Label: CD Accord |
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