Olympian ArtDie Kolumne: "Listening for the-listener": Christoph Schlüren - Folge XIIvon Christoph Schlüren • 15. August 2013 Die neue Serie von audite in Zusammenarbeit mit den Festspielen Luzern, ‚Lucerne Festival Historic Performances’, könnte großartiger nicht beginnen. Wie stets bei audite hat man Zugang zu den Originalbändern bekommen und mit der bewährten Restaurationstechnik ein optimales klangliches Resultat ohne verfälschende Aufpäppelungen aus den historischen Monobändern des Schweizerischen Rundfunks herausgeholt, das mit dann doch erstaunlicher Tiefenschärfe und Klangfülle besticht. Und Jürgen Otten hat, wie nicht anders von ihm zu erwarten, einen hochwertigen, auch literarisch eleganten Begleittext beigesteuert, der die zeitlos überragende Leistung aller Beteiligten angemessen würdigt. Clara Haskil war tatsächlich so etwas wie die ideale Mozart-Musikerin, und in diesem Mitschnitt eines Konzerts vom 8. September 1959 haben wir zudem das Glück, dass am Pult des Philharmonia Orchestra mit Otto Klemperer der beste Dirigent stand, mit dem sie im d-moll-Konzert aufgenommen wurde (leider ist ihr Auftritt im gleichen Werk mit dem Santa Cecilia-Orchester in Rom unter Sergiu Celibidache Mitte der fünfziger Jahre nicht aufgezeichnet worden). Klemperer hat sich offensichtlich von Clara Haskil inspirieren lassen, denn so subtil und liebevoll feingezeichnet ist sein stets kraft- und würdevolles, strukturbetont stringentes Musizieren nicht immer, und auch ihre immense wendige Leichtigkeit und filigrane Innigkeit finden im Orchester empathischen Widerhall. Mithin handelt es sich um eine der großartigsten Veröffentlichungen dieses Konzerts in der Geschichte, und es ist beispielsweise höchst aufschlussreich, einen anderen Mitschnitt zweier Giganten – Michelangeli und Mitropoulos – einmal „gegenzuhören“, um zu erfahren, wie ein die musikalischen Gesetzmäßigkeiten weitgehend erfüllendes Musizieren von ausdrucksmäßig vollkommen unterschiedlichen Persönlichkeiten erreicht werden kann, wie sozusagen eine erstaunliche innerliche Übereinstimmung in vielen Dingen in der klingenden Manifestation so anders erscheinen kann. Es sei unterstrichen, dass es keinerlei solchen Vergleichs bedarf, dass diese Aufführung vielmehr exemplarisch für sich steht über alle Zeiten hinweg, und allen Versuchen historisch informierter Korrektheit unserer Zeit ohnehin unerreichbar überlegen ist. Es existiert auch eine legendäre Aufnahme der beiden gleichfalls in Beethovens fünftem Klavierkonzert mit den New Yorker Philharmonikern, doch hier herrscht nun zumindest noch größere Unmittelbarkeit. Welche Würde und ungehemmt noble Kraftentfaltung, welche unmittelbar aus der Entfaltung der musikalischen Substanz resultierende Brillanz und Verve, aber auch Zartheit und Anmut! Auch diese Darbietung gehört zu den schönsten und sowohl leidenschaftlich hinreißendsten als auch zusammenhangsbewusstesten überhaupt. Clara Haskil & Robert Casadesus: Klavierkonzerte von Mozart und Beethoven Wolfgang Amadeus Mozart: 20. Konzert d-moll KV 466; Clara Haskil, Philharmonia Orchestra, Otto Klemperer (Kunsthaus, 8. September 1959) Audite CD 95.623 (Vertrieb: Edel) |
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