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The Listener

Blog für klassische Musik und mehr! ...seit 2003

Die Klassik-CD(s) des Jahres 2011

von Rainer Aschemeier  •  6. Januar 2012

2011 ist Geschichte! www.the-listener.de hat sich in Sachen klassische Musik alles angehört, was uns interessant genug erschien, um darüber im Internet zu berichten. Denn eines sollte man nicht vergessen: Es wird schon viel zu viel über uninteressante oder „halbgare“ Veröffentlichungen berichtet, hingegen deutlich zu wenig über das qualitativ und musikalisch häufig deutlich interessantere Nischenprogramm. www.the-listener.de steht daher für die Politik, das nur scheinbar abseitige Repertoire in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken.

Immer noch sind wir alle als Hörer und Konsumenten diejenigen, die durch unsere Kaufentscheidungen letzten Endes bestimmen können, wie die Programmpolitik der Labels in den nächsten Jahren ausfallen wird. Doch Aufnahmen, über die nicht berichtet wird, werden auch nicht gekauft. Als nicht kommerzielle website, die ausschließlich von ehrenamtlichem Engagement und dem Wohlwollen der uns unterstützenden Firmen und Vertriebe abhängt, ist es uns möglich, dem sogenannten Nischenrepertoire ungewöhnlich breiten Raum zu gewähren – deutlich breiter, als es in jeder kommerziellen Zeitschrift, im Radio, im Fernsehen oder auch mit kommerziell orientierten Internetportalen möglich wäre.

Was bei www.the-listener.de empfohlen wird, gefällt uns wirklich – ohne dass irgendjemand dafür bezahlen würde, dass es uns gefällt.

Diese kleine Vorrede sei mir gestattet, bevor ich nun „zur Sache“ komme: Das Jahr 2011 war aus unserer Sicht besonders reich an guten Neuerscheinungen. Das Repertoire wird immer breiter, und besonders erfreulich fand ich, dass zunehmend die US-amerikanische Moderne auch ihren Weg auf europäische und deutsche Labels fand.

Unter diesem Aspekt war diese CD besonders erfreulich: Musik des 20. und 21. Jh.s von amerikanischen Komponistinnen in höchster Qualität dargeboten vom Meininger Trio – das war absolute Spitzenklasse und verdient die wiederholte, wärmstmögliche Empfehlung!

Des Weiteren war zu beobachten, dass Deutschlands abenteuerlustigstes Orchester – die Bamberger Symphoniker – sich auch in diesem Jahr wieder tatsächlich an das Motto ihres Chefdirigenten Jonathan Nott gehalten haben: „Man muss Neues entdecken und alles hinterfragen, was man zu kennen glaubt.“ Von vielen deutschen Orchestern, die solche Sätze gern versprechen, sind die Bamberger annähernd das einzige, das solche Ankündigungen auch einhält.

Ein fantastisches Zeugnis dieser Entwicklung ist die im Frühsommer erschienene CD des Orchesters mit Ginastera-Konzerten unter der Leitung von Lothar Zagrosek, die mir einen der nachhaltigsten Musik-Genüsse des Jahres 2011 beschert hat. Diese CD ist einfach nur wunderbar – nur leider hapert es etwas am Aufnahmeklang.

Eine echte Entdeckung war die Neueinspielung der ersten Sinfonie des Schostakowistch-Zeitgenossen Gavriil Popov auf dem hierzulande kaum bekannten Label „Northern Flowers“.

Sie ist für mich die am besten aufgenommene Klassik-CD des letzten Jahres und somit mein ausgewiesener Geheimtipp für HIFI-Freunde. Auch die Einspielung selbst konnte sich sehen lassen – eine rundum empfehlenswerte CD, bei der nur zu hoffen ist, dass uns das kleine Plattenlabel aus St. Petersburg auch noch die anderen Sinfonien Popovs sukzessive per CD zu Gehör bringen wird.

Ein pianistisches Feuerwerk ohne Gleichen gab es im „Liszt-Jahr“ 2011 von dem Klaviervirtuosen Sergej Edelmann zu hören:

Liszts Klaviersonate habe ich lange nicht mehr so überzeugend und konsequent ästhetisch vernommen, wie auf der auch klangtechnisch verblüffenden SACD des japanischen „triton“-Labels. Leider fällt die auf der CD ebenfalls enthaltene Interpretation der Schubert’schen „Wandererfantasie“ gegen die herausragende Liszt-Glanzleistung etwas ab, trotzdem: Dies war eine Leuchtturm-Veröffentlichung anno 2011!

Nun aber zur „CD des Jahres“. Lange wurde gegrübelt, verglichen, wieder gegrübelt, wieder verglichen … doch eines war mir schon früh im letzten Jahr klar: Eine einzelne, so herausragende Veröffentlichung, dass man sie ohne Weiteres als die „CD des Jahres“ würde bezeichnen können, wäre eine sehr ungerechtfertigte, sehr einseitige Sichtweise. Doch immerhin traue ich mich, die Auswahl der Kandidaten auf drei zu beschränken. Hier sind sie also, die drei besten Klassik-CDs des Jahres 2011 aus der Sicht von www.the-listener.de:

Francis Poulenc – Konzerte und Suite Francaise / Anima Eterna Brügge – Jos van Immerseel / zigzag territoires / note 1

Eine Aufnahme, die einen von der ersten Sekunde an so gefangen nimmt, dass man mit offenem Mund vor der HIFI-Anlage verharrt. Klanglich perfekt ausbalanciert, wunderschön, eigenständig und mit viel Mut und Ideenreichtum interpretiert, vereint diese CD schlichtweg alles, was man von der perfekten Klassikaufnahme erwarten darf. Das Orchester Anima Eterna unter der Leitung Jos van Immerseels hat sich spätestens mit dieser Glanzleistung in die Elite der europäischen Spitzenorchester katapultiert.

Beethoven, Brahms, Bruch – Kammermusik für Klarinette, Cello und Klavier / Ensemble Liaison / Tall Poppies / Klassik Center Kassel

Müssen erst die Australier kommen, um uns zu zeigen, wie schwungvoll und unprätentiös man die „deutschen Klassiker“ interpretieren kann? Es scheint so. Das australische Ensemble Liaison hat gleich mit seiner Debüt-CD neue Maßstäbe gesetzt. Ohne Heiligenverehrung zu betreiben, wird hier einfach herzerfrischend frisch und munter drauflosmusiziert – und das auf einem auch spieltechnisch irrsinnig hohen Niveau. Es war dies die mit einigem Abstand beste Kammermusik-CD, die ich 2011 zu Ohren bekam, nicht zuletzt auch wegen des äußerst natürlichen Klangbilds.

John Cage – Etudes Australes / Sabine Liebner / Wergo / note 1

Eine CD für Entdecker und Abenteurer, die keine Berührungsängste zur „Zufallsmusik“ des wohl innovativsten Querdenkers in der Musik des 20. Jahrhunderts haben: John Cage. Sabine Liebner hat mit dieser mustergültigen Einspielung gezeigt, wie „hilflos“ und „verloren“ andere Einspielungen dieser faszinierenden Musik im Vergleich klingen. Ihr ist das Kunststück gelungen, Ordnung im Chaos zu schaffen. Das Endergebnis ist eine absolut faszinierende CD: abgeklärt, luzid und nüchtern … und vielleicht gerade deswegen so sagenhaft schön und merkwürdig berührend. Neue Musik kann wahrlich schön sein!

So weit die Empfehlungen von www.the-listener.de. Natürlich haben wir im letzten Jahr noch viel mehr gehört und rezensiert. Ich kann Interessierte nur dazu ermuntern, die Suchfunktion im „Archiv“-Teil unserer Homepage zu nutzen. Suchen Sie nach Ihrem Lieblingskomponisten oder -interpreten, suchen Sie nach „Kammermusik“, „Neuer Musik“, „Alter Musik“, „Sinfonik“, „Konzert“, „Klassik“, einem bestimmten Jahrhundert (z. B. „18. Jh.“) oder – für all jene, die es gern auch mal knackiger mögen – „Heavy Metal“, „Grunge“, „Punk“ oder „Alternative Country“ haben wir auch zu bieten.

Zudem bietet die Kommentarfunktion unter beinahe jedem Artikel unseres Angebots die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Lesern und/oder der Redaktion. Im letzten Jahr wurde diese Möglichkeit bereits manches Mal – aber für unseren Geschmack – immer noch zu wenig genutzt. Monatlich besuchen etwa 2000 Leser unserer Homepage – treten Sie miteinander in Kontakt!

Und nun!?

Auf ein Neues! Hoffen wir, dass wir auch zum Ende des Jahres 2012 wieder eine oder mehrere „CD(s) des Jahres“ küren, hören und genießen können. Bleiben Sie neugierig!

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