Meine Alben und Filme des Jahres
von Frank Castenholz • 17. Januar 2009
Besser spät als nie habe ich es doch noch geschafft, mich der bürokratischen Fleißarbeit zu widmen, eine persönliche Bilanz des vergangenen Jahres zu ziehen, zumindest in Gestalt zweier Listen. Die Wertung sieht sich allerdings dem gravierenden Vorbehalt ausgesetzt, dass ich diverse Veröffentlichungen, die in anderen Listen Spitzenplätze belegen, mangels Zeit oder Interesse nicht mit der Sorgfalt wahrgenommen habe, die eine Listenplatzierung möglich gemacht hätte. Wer also z.B. Oasis, Congregation, James Yorkston, White Hinterland, Kitty, Daisy & Lewis, Joanne Robertson, Grace Jones oder TV On The Radio vermisst, der sei getröstet: es ist allein meiner Ignoranz geschuldet. Weiterhin gehen meine musikalischen Entdeckungsreisen vornehmlich in die vergangenen Jahrzehnte, so dass ich dem aktuellen Geschehen nicht die vollste Aufmerksamkeit entgegenbringen kann. Jetzt geht es aber los…
1. PORTISHEAD : Third (auch wenn es die Besprechungen in der Presse mit der Lobpreisung des Unerhörten bzw. der Kritik des Unhörbaren zeitweilig etwas übertrieben haben: mein liebstes Konzert und liebstes Album – egal ob man nun dieses Wummern oder jenes Brummen schon mal auf irgendeiner 30 Jahre alten Krautrock-Scheibe hören konnte oder nicht)
2. FOTHERINGAY 2 (zweites, verschollenes Album der Folk Rock „Super Group“ um Sandy Denny, aufgenommen 1970, erstmalig und endlich dieses Jahr veröffentlicht)
3. SCARLETT JOHANSSON : Anywhere I Lay My Head (Tribut und Anti-These zu Tom Waits: die von TV On The Radio-Mann David Sitek grandios mit hunderten Details vollgepackten Klangschichten geben Scarletts kühler, ungeschulter Stimme eine Beerdigung erster Klasse; und, klar, die Verpackung ist auch ansehnlich)
4. THE FELICE BROTHERS : s/t (lässige Hinterwäldler, die in Bob Dylans Latschen wandeln, aber weitaus versoffener und schmieriger daherkommen)
5. GIANT SAND : proVisions (nein, diesmal werde ich nicht schreiben, dass das Album ausgefeilter kohärenter und zugänglicher ist als die letzten paar Werke von Howe Gelb; denn das wird schließlich über jedes Album von ihm seit … geschrieben)
6. JACQUES PALMINGER AND THE KINGS OF DUB ROCK : Mondo Cherry
7. GUNS N’ ROSES : Chinese Democracy (sicher, es ist massiv überproduziert, stellenweise etwas peinlich und viel zu lang, aber wer hat uns eigentlich in den letzten 16 Jahren mit diesen schamlosen, narzistischen, symphonischen, orgiastischen Hard Rock-Epen versorgt, die wir doch alle seit dem letzten Novemberregen 1992 heimlich vermisst haben? Gebt „Better“, „Madagascar“ oder „This I Love“ wenigstens eine Chance!)
8. THE DUKE SPIRIT : Neptune (das große schnörkellose, heftig rockende Album des Jahres, mit haufenweise Gitarren, Bass, Hooks und Sex, aber ohne breitbeiniges Headbanging und peinliche Momente)
9. RANDY NEWMAN : Harps And Angels (vielleicht nicht ganz so gewaltig wie der Vorgänger „Bad Love“, aber immer noch sehr scharf, giftig, federleicht, elegant, berührend, entlarvend, wie man es von Newman erwarten darf – unverschämterweise nicht auf Vinyl erhältlich)
10. CONNOR OBERST : s/t (nicht schlechter als das durchschnittliche sehr gute Bright Eyes-Album, aber etwas konzentrierter und bodenständiger; die albernen Vergleiche zu Bruce Springsteen muss man glücklicherweise nicht ernst nehmen)
Und nun zur Filmbilanz…
Mein Liebster:
1. Juno (Jason Reitman)
Beeindruckend, erfreulich:
2. Funny Games U.S. (Michael Haneke)
3. Cloverfield (Matt Reeves)
4. Hotel Very Welcome (Sonja Heiss)
5. The Vanguard (Matthew Hope)
Unterhaltsam:
6. Quantum of Solace (Mark Forster)
7. The Dark Knight (Christopher Nolan)
8. John Rambo (Sylvester Stallone)
9. Bukarest Fleisch (Andy Fetscher)
10. I Am Legend (Francis Lawrence)
Nicht verkehrt:
11. No Country for Old Men (Joel & Ethan Coen)
12. Rec (Jaume Balagueró & Paco Plaza)
13. Lust, Caution (Ang Lee)
14. Trade (Marco Kreuzpaintner)
15. Mother Of Tears (Dario Argento)
16. The Rage (Robert Kurtzman)
17. Finnischer Tango (Buket Alakus)
18. You Don’t Mess With The Zohan (Dennis Dugan)
19. Pineapple Express (David Gordon Green)
20. Fados (Carlos Saura)
Die Idee war gut, aber…
21. Diary Of The Dead (George A. Romero)
22. Indiana Jones And The Kingdom of the Crystal Skull (Steven Spielberg)
23. The Mist (Frank Darabont)
24. Viva (Anna Biller)
25. Freischwimmer (Andreas Kleinert)
26. I’m Not There (Todd Haynes)
Nicht mal die Idee war gut:
27. The Ruins (Carter Smith)
28. Southland Tales (Richard Kelly)
Schlimm:
29. Dard Divorce (Olaf Ittenbach)
30. Postal (Uwe Boll)